Yu-No: A Girl Who Chants Love at the Bound of This World (Anime) (2024)

„YU-NO“ ist wieder einmal einer dieser Anime, die in der breiten Masse untergegangen sind – und das vollkommen unverdient! Denn „YU-NO“ traut sich an eines der am technisch schwersten Geschichtendesign überhaupt, und macht die Sache auch noch durchaus ordentlich!

Zur Handlung

Was ist das eines der am technisch schwersten Genre?!

Euch ist sicher bewusst, dass es Storylines gibt, die relativ „einfach“ und „simpel“ zu schreiben sind, bei anderen Geschichten fragt man sich, wie da ein normal denkender Mensch überhaupt drauf kommen konnte. Zur Randinformation, das technisch so ziemlich „einfachste“ Thema ist das klassische Ganbatte, gerade aus dem Bereich Sport, weil da die Handlung im Prinzip schon von vornherein da ist und man diese nur noch mit ein bisschen Drama, Romanze oder was auch immer aufpeppen muss.

An ein ganz anderes Kaliber an Handlung traut sich „YU-NO“, die sich nichts anderes als die Königsklasse ausgesucht haben: Zeitreise mit Paralleluniversen und allem, was dazu gehört. Und man muss es der Serie zu Gute halten – sie macht es insgesamt gut!

Doch was macht diese Art der Handlung zur Königsklasse? – es ist die Komplexität!

Handlungen mit Zeitreisen allein verlangen von den Autoren ein hohes Maß an Genauigkeit und Klarheit, denn wirklich keine Situation darf zufällig geschehen. Jedes noch so kleine Detail wird entscheidend, damit danach die Zeitreisesituationen auch Sinn machen KÖNNEN. Kombiniert man das ganze noch mit einer unendlichen Zahl an Paralleluniversen, sind zwar zum Einen die erzähltechnischen Möglichkeiten grenzenlos, zum Anderen steigt das Schwierigkeitsniveau aber auch ins Unermessliche. Da fehlerfrei durchzukommen, ist eigentlich unmöglich!

Zugeben: „YU-NO“ ist keine Serie, die extrem komplex ist und damit wahnsinnigen Wert auf „um die Ecke denken“ legt, aber das möchte die Serie nicht. Stattdessen geht „YU-NO“ den ganz klaren Weg einer „Hauptgeschichte“, die immer wieder durch kleine „Nebenkapitel“ von ihrem zentralen Weg abkommt und sich dann innerhalb dieser „Nebenkapitel“ in Zeitreisen, Zeitschleifen und Paralleluniversen stürzt.

Doch hier zeigt sich gleich ein Fehler, der zumindest mir das Verstehen an einigen Punkten immer wieder schwer gemacht hat: man bekommt kein Gefühl dafür, wann die „Hauptgeschichte“ verlassen und die „Nebenkapitel“ angefangen werden.

Hauptcharakter Takuya wird nach erfolgreichem Abschluss eines Kapitels immer wieder an den Anfangspunkt auf einen Berg in der Nacht zurück teleportiert, von dem aus er wieder in die Handlung startet. An sich ein gutes und v.a. wiederkehrendes System, um der Handlung etwas an Struktur zu geben, es bringt bloß alles nichts, wenn man als Zuschauer nicht abschätzen kann, welche Handlungspunkte für die Charaktere nun tatsächlich passiert sind und welche Teil des Kapitels waren, von dem aus sie nun zurückgesetzt werden. Sowohl Takuya als auch wir als Zuschauer erleben ja die ganze Handlung, bei anderen Figuren bin ich mir mehr als unsicher, was sie nun wissen und was nicht. Einige wissen so gut wie alles, die nächsten wissen gar nichts, die Serie geht aber überhaupt nicht darauf ein und lässt die Handlung mit Takuya einfach weiter laufen. Wir haben in den Abschnitten nach den Kapiteln so gut wie keine Wiederholungen, keinen Informationsaustausch, weshalb ich mir nicht vorstellen kann, dass die Freunde von Takuya überhaupt noch eine Ahnung haben, was hier eigentlich vorgeht. Und da diese ja als Mitstreiter fungieren sollen, macht es für mich das Nachvollziehen vieler Reaktionen schwer. Das ist natürlich verständlich, da ansonsten die Handlung eindeutig viel zu ausladend wird und man sich vor Storysträngen gar nicht mehr retten kann, dennoch hätte hier mehr Information für die Struktur sehr geholfen. Besonders auffällig wird dies bei Mio, die gerade zu Beginn extrem motiviert versucht, das Rätsel der seltsamen Steinformationen und Gewitter zu lösen, sobald ihr Kapitel jedoch abgeschlossen ist, scheint sich ihr Forschergeist wie in Luft aufgelöst zu haben. Weil sie das Rätsel zu ihrer Zufriedenheit lösen könnte? Weil wir nun in einer Parallelwelt sind, in der sie den Forscherwillen nie hatte? Weil sich die Zeitlinie verändert hat und das Problem in dieser Form gar nie zustande kam?

Wir erfahren es nicht!

Und hier tuen sich dann die Logiklücken auf, was wirklich schade ist! Wir wissen lediglich, dass sich nach jedem erfolgreichen Kapitel die reale Welt von Takuya leicht verändert, aber da wir in den nächsten Szenen keinen Vergleich bekommen, wie es vorher abgelaufen ist, können wir oft nicht sagen, was sich wann wie verändert hat. Klar, einzelne Figuren schon, gerade bei denen, die im Kapitel zentral waren, doch was das für den Gesamtverlauf mit allen Figuren bedeutet, ist leider zu oft nicht ersichtlich.

Ansonsten präsentiert sich der Handlungsaufbau als sehr logisch und gut strukturiert. Die einzelnen Kapitel bauen sehr logisch aufeinander auf, haben immer ein gutes Maß an Informationen für den Zuschauer, der ausreichend Erklärungen bekommt, aber nie so viel, dass man zielsichere Vorhersagen machen kann, sodass die Motivation leidet.

Die Nebenkapitel folgen dabei den weiblichen Nebencharakteren, was in einem solchen Format zu erwarten war. Nacheinander wird eine Dame nach der anderen verarztet, was zwar repetitiv wirkt, aber durch gute Ideen langfristig motiviert. Die Handlungen sind dabei unterschiedlich gestaltet und unterhalten mit gutem Mystery meist bis zum Schluss, gerade in der 1. Hälfte.

Besonders stark ist für mich gleich das erste Kapitel rund um Ayumi, wo ich förmlich vor dem Bildschirm geklebt bin. Die anderen Geschichten sind auch stark, aber die stärkste gleich zu Beginn zu nehmen, ist Fluch und Segen zugleich.

Nach der 1. Hälfte, die sich deutlich mehr auf Slice of Life mit ein ordentlichen Portion Psycho und Crime fokusiert, macht „YU-NO“ dann ab Folge 18 eine absolute Kehrwende und geht in Richtung Fantasy-Adventure weiter. Die Hinleitung zu dieser Geschichte funktioniert storytechnisch hervorragend, sodass die 2. Hälfte zwar deutlich anders, aber zu keinem Zeitpunkt losgelöst von der Handlung ist. Denn die 2. Hälfte macht nicht nur genretechnisch einen extremen Bruch, sondern auch von der Gesamtstimmung. Man findet sich im typischen Isekai-Setting wieder.

Mit Takuya als Ritter in einer Fantasywelt mit breitem Schwert, zahlreichen Monstern und allerlei magischen Helferlein

Vorbei ist die komplexe Handlung mit Paralleluniversen und Zeitreise, ab jetzt läuft die Handlung vollkommen gradlinig bis zum Ende sauber durch. Wenn andere Anime so solide abliefern würden, wie „YU-NO“ in der 2. Hälfte, dann wären sicher viele Anime auf einem anderen Niveau, nach der so starken und interessanten 1. Hälfte wirkt es bei „YU-NO“ jedoch beinahe seltsam. Trotz gelungener Hinführung wirkt die neue Geschichte viel zu fremdartig, sodass man meint, man schaue 2 grundverschiedene Titel. Und das hatte bei mir doch deutliche Auswirkung auf das Finale.

Durch diese 180°-Kehrtwende vergisst man nämlich viel zu schnell die 1. Hälfte der Serie. So gut wie kein bekannter Charakter taucht mehr auf, wenn dann in abgeänderter Form als eine andere Figur, sodass man schnell in das Fahrwasser des 1.000x gesehenen Fantasy-Adventure kommt. Und auch das Finale der Serie gibt es in vielen Titeln in eben dieser Form, sodass man es leider eher als "Finale des 10 Folgen Fantasy-Adventure" verbucht und nicht als "Finale der 26 Folgen Gesamthandlung".

Somit enttäuscht "YU-NO" im Gesamterlebnis des Großen Ganzen. Es war nicht schlecht, versteht mich nicht falsch, es war sogar inhaltlich relativ gut, aber durch den großen Bruch, sowohl genre- als auch stimmungstechnisch, kann man die Gesamthandlung als Zuschauer kaum noch als solche zusammenhalten.

Ein finales Problem hatte ich dann dennoch mit der Serie, und das betrifft sowohl den Protagonisten selbst sowie den Hauptantagonisten, deshalb schnell weiter…

Zu den Charakteren

Takuya ist der typische Hauptcharakter einer Visual Novel, den wir schon so oft gesehen haben. An ihm merkt man leider, dass die Vorlage doch noch ein Eroge war, sodass die Handlung immer wieder mit unnötigen perversen Situationen, Sprüchen oder Handlungen genervt wird. Ein Teil seines Gehirns scheint im Glied zu stecken, dass manchmal ganz offensichtlich das Denken für ihn zu übernehmen scheint, was für mich bei einer so guten Storygrundlage wirklich unnötig war.

Ansonsten funktioniert Takuya als tragende Figur eigentlich gut. Er ist sympathisch genug, dass wir ihm zuschauen wollen, doch leider ist er insgesamt als Figur zu passiv. Er hilft immer nur den anderen, aus reinster Nächstenliebe offensichtlich, hilft sich selbst und seiner eigenen Storyline jedoch überhaupt nicht. So wird seine Geschichte eher durch Zufall gelöst, weil sich in den Kapiteln immer wieder Hinweise auf seine Person verstecken, doch man verschenkt hier Potential, da Takuya nie auf die Idee kommt, diesen Hinweisen auch zu folgen.

Was für mich aber das größte Rätsel rund um Takuya bleibt ist, warum er bei seinen Zeitreisen und Parallelwelt-Besuchen eigentlich nie auf sich selbst trifft. In jeder Welt müsste es ihn doch genauso geben wie alle anderen Figuren, doch aus einem mir rätselhaften Grund scheint das bei Takuya nicht der Fall zu sein. Auch der Anime geht nicht auf dieses Phänomen ein, sodass man es schlussletztendlich einfach hinnimmt, doch auch hier mogelt sich der Logikfehler hinein.

Der Antagonist wird leider Opfer des großen Bruchs, obwohl dieser eigentlich clever gewählt ist. Doch leider fehlt nach seinem frühen Aufdecken als Antagonist bis zu den Auftritten am Schluss eindeutig die Screentime, sodass ich mich tatsächlich gefragt habe, OB der überhaupt noch Hauptgegner ist oder sich seine Figur durch das Rückstellen auch irgendwie in Luft aufgelöst hat.

So bleibt der Bösewicht einfach „nur“ böse, doch auch bei den anderen Figuren fehlt es insgesamt etwas an Tiefgang. Zu viele sind tatsächlich nur Standardkost, die meist nur dadurch positiv im Gedächtnis bleibt, weil die Handlung stark ist und diese nicht davor zurück schreckt, auch mal den einen oder anderen tatsächlich aus zu sortieren.

Fazit

Obwohl „YU-NO“ doch Fehler macht, nimmt es den Kampf in der Königsklasse auf – und liefert ab!

Mit 26 Folgen präsentiert die Serie in gutem Tempo eine zwar zu Beginn deutlich komplexere Handlung als in der 2. Hälfte, die sich jedoch überraschend sicher und zielsicher im schwierigen Handlungsthema bewegt.

Für mich stören im Gesamteindruck die auffälligen, aber wirklich schwer zu vermeidenden Logikfehler der Zeitreisen und Paralleluniversen, und auch der starke Bruch gerade ab Folge 18, der trotz guter Hinführung eine Zusammenfassung als Gesamtstory schwer macht. Im Finale auch keine zentralen Figuren der 1. Hälfte mitwirken zu lassen, löst die Isekai-Handlung nur noch weiter ab.

Dennoch braucht sich „YU-NO“ nicht im Schatten verstecken, sondern präsentiert sich insgesamt als sehr sehenswerte Serie, die man jedoch zwingend am Stück mit großer Aufmerksamkeit schauen sollte, da man ansonsten schnell raus sein könnte.

Yu-No: A Girl Who Chants Love at the Bound of This World (Anime) (1)

Beitrag wurde zuletzt am 16.10.2021 10:42 geändert.

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Author: Golda Nolan II

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